1. Mai: Ökumenischer Gottesdienst für Arbeitnehmer

1. Mai: Ökumenischer Gottesdienst für Arbeitnehmer

1. Mai: Ökumenischer Gottesdienst für Arbeitnehmer

# Neuigkeiten

1. Mai: Ökumenischer Gottesdienst für Arbeitnehmer

Am 1. Mai feierten die Katholische Arbeitnehmerbewegung, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Evangelische Kirchenkreis Fulda einen gemeinsamen Gottesdienst in der Christuskirche. Hier die Predigt von Pfarrer Stefan Remmert zum Nachlesen: 

Die biblische Geschichte, die wir eben gehört haben, wird in vielen Bibelübersetzungen mit der Überschrift „Gleichnis Jesu von den Arbeitern im Weinberg“ versehen. Tatsächlich erzählt Jesus sie aus der Perspektive der Arbeiter, die unterschiedlich lange im Weinberg arbeiten und dann auf so merkwürdige Weise entlohnt werden. Am Ende steht die Frage, ob sie eigentlich gerecht behandelt wurden. Und es geht ums Grundsätzliche: Was ist eigentlich Gerechtigkeit? Und um Gefühle: um Freude und Dankbarkeit, um Enttäuschung und Neid.

Man kann die Geschichte allerdings auch als das Gleichnis vom guten Hausherrn lesen. Von einem, der souverän Entscheidungen trifft, der ungewöhnlich handelt und dabei weder Widerspruch noch Ärger scheut. Jemand, der festgefahrene Einstellungen in Frage stellt und den Blick für Neues öffnet.

Ich möchte Sie bitten, sich mit dieser Perspektive auf die Gleichnis Erzählung Jesu vom guten Hausherrn einzulassen.

„Denn mit dem Himmelreich ist es wie mit einem Gutsherrn, der am frühen Morgen ausging, um Arbeiter für seinen Weinberg einzustellen.“ Der Gutsherr ist offenkundig ein wohlhabender und wohl auch angesehener Mann, der persönlich seine Villa verlässt, um höchstpersönlich Arbeiter einzustellen. Nötig hat er das nicht. Im Verlauf der Geschichte erfahren wir, dass er einen Verwalter hat, den er hätte schicken können. Aber das tut er nicht, sondern er begibt sich selbst auf den Markt. Er geht dahin, wo die Menschen kaufen und verkaufen: Datteln und Feigen, Gemüse und Brot, auch Schafe, Ziegen und Hühner – und nicht zuletzt ihre Arbeitskraft. Auf dem Markt werden auch Neuigkeiten getauscht: über Unglücksfälle und Krankheiten, Todesfälle und Geburten, Nachbarschaftsstreitigkeiten und Geschäfte. Kurzum: Der Hausherr sucht die Menschen dort auf, wo sie leben. Selbstverständlich ist das nicht, dass eine hoch gestellte Persönlichkeit so nahbar ist. Der Mann scheint verstanden zu haben, dass er den anderen Menschen nichts voraus hat. Dass sein Geld und Gut, sein Weinberg und sein Ansehen ihn nicht zu einem besseren Menschen machen.…

„Nachdem er sich mit den Arbeitern auf einen Denar für den Tag geeinigt hatte, schickte er sie in seinen Weinberg.“ Der Gutsherr ist nicht nur nahbar, er verhält sich auch fair. Einen Denar braucht nämlich ein Tagelöhner, um zusammen mit seiner Familie einen Tag lang über die Runden zu kommen. Es ist gut, wenn Menschen in wirtschaftlicher Verantwortung wissen, welchen Lohn und welche Arbeitsbedingungen arbeitende Menschen brauchen. Es ist gut, wenn sie wissen, was die brauchen, die weniger privilegiert sind. Es ist gut, wenn solche, denen es gut geht, sich dafür interessieren, wie es den Menschen geht, die ums tägliche Überleben kämpfen…

Drei Stunden später. Wieder erscheint unser Protagonist auf dem Marktplatz. Die Trauben im Weinberg sind reif und dürfen nicht verderben, aber es sind noch nicht genügend Erntehelfer da. Wieder findet der Hausherr Arbeiter, doch gestaltet sich die Lohnabsprache jetzt anders als am frühen Morgen: „Geht auch ihr in den Weinberg, und was recht ist, will ich euch geben. Sie gingen hin.“

Zwischen dieser kurzen Szene und modernen Tarifverhandlungen liegen Welten, aber eines ist deutlich: Der Gutsherr ist glaubwürdig. Die Arbeiter vertrauen darauf, dass auf sein Wort Verlass ist…

Noch dreimal begibt sich der Gutsherr auf den Marktplatz. Der Druck ist hoch, die Arbeit mit den vorhandenen Kräften nicht zu schaffen. Beim letzten Mal fragt er die Männer, die er noch auf dem Marktplatz antrifft: „Was steht ihr den ganzen Tag hier, ohne zu arbeiten?“ Ist das ein Vorwurf? Oder ist die Frage nicht vielmehr Ausdruck von Empathie und Sorge? „Wie kommt es, dass ihr immer noch keine Arbeit gefunden habt? Haben familiäre Verpflichtungen euch daran gehindert, schon heute früh auf den Markt zu kommen? Oder sind andere, kräftigere Männer euch vorgezogen worden? Ihr könnt ja heute gar nicht mehr genug Geld verdienen, um für eure Familien und euch selbst zu sorgen!“ Nach allem, was wir bisher über diesen Hausherrn wissen, spricht viel dafür, dass seine Frage so gemeint ist.

Am Abend ist die Arbeit erledigt und es wird abgerechnet. Die Arbeiter, die nur eine Stunde im Weinberg arbeiten konnten, erhalten den Lohn für einen ganzen Tag: einen Denar. Sie sind erleichtert: An diesem Tag, der so entmutigend begonnen hat, werden sie ihre Familie ernähren und sonstige notwendige Ausgaben tätigen können. Kurz darauf nennt der Gutsherr selbst seine Entscheidung „gütig“. „Gut“, steht im griechischen Text. Das Wort „gut“ gefällt mir in diesem Zusammenhang besser als das „gütig“ der Lutherübersetzung. „Gütig“ erinnert mich zu sehr an einen Opa, der den Enkeln etwas zusteckt und ihnen liebevoll übers Haar streicht. Aber das trifft es hier nicht. Hier trifft einer eine gute Entscheidung. Hier geht es nicht um ein Taschengeld, sondern um menschliche Existenzen. Die Entscheidung des Gutsherrn ist gut, weil durch sie Menschen bekommen, was sie zum Leben brauchen.

Danach erhalten alle anderen Arbeiter ihren Lohn. Für jeden gibt es einen Denar. Das wiederum gibt, wie nicht anders zu erwarten, Ärger. Die, die den ganzen Tag gearbeitet haben, murren: „Diese Letzten haben nur eine Stunde gearbeitet, und du hast sie uns gleichgestellt, die wir die Last des Tages und die Hitze ertragen haben.“ Tatsächlich hat der Hausherr die Arbeiter einander gleichgestellt. Er hat sie einander gleichgestellt, weil sie alle die gleiche Würde haben und weil deshalb kein Mensch unter die Räder kommen darf. „Das ist ungerecht!“ rufen die Ganztagsarbeiter empört. Aber was wäre die Alternative gewesen? Ein zwölftel Denar für die zuletzt Eingestellten? Dann wären an diesem Tag viele Mägen leer geblieben. Und es wäre der soziale Friede gefährdet, der nur dort gedeiht, wo alle auskömmlich entlohnt werden.

Zuletzt weist der Hausherr die Beschwerdeführer zurecht: „Freund, ich tue dir nicht unrecht. Hast du dich nicht mit mir auf einen Denar geeinigt? Nimm, was dein ist, und geh! Ich will aber diesem Letzten gleich viel geben wie dir. Oder ist es mir etwa nicht erlaubt, mit dem, was mein ist, zu tun, was ich will? Machst du ein böses Gesicht, weil ich gütig bin?“

Mit diesen Fragen entlässt der Hausherr die murrenden Arbeiter aus seinem Weinberg. Sie sollen über sich selbst und ihre Mitmenschen nachdenken. Sie sollen ihre Einstellung überprüfen und sich neu orientieren und so zum gesellschaftlichen Frieden beitragen.

In dem Hausherrn erkenn wir Gott, aber darum geht es nicht nur. Es geht um Würde und Gerechtigkeit in, bei und mit der Arbeit. Bei dem Hausherrn sind Gerechtigkeit und Gutsein ein und dasselbe. Oder anders gesagt: Seine Gerechtigkeit besteht darin, den Menschen gerecht zu werden. Und er wird ihnen gerecht, indem er sie sieht und ihnen das gibt, was sie zum Leben brauchen.

Dazu Statements aus der Vorbereitungsgruppe:

# Aus der Sicht einer Lehrerin (Cordula):

Unabhängig von Faktoren wie Schulform (Grundschule, Gymnasium, Berufsschule) oder Unterrichtsfächern leisten alle Lehrerinnen und Lehrer einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag – die Bildung und Erziehung junger Menschen.

Auch wenn die äußeren Bedingungen unterschiedlich sind (z.B. unterschiedliche Schülerklientel, Klassenstärken, regionale Unterschiede), bleibt die grundlegende Bedeutung der Arbeit gleich.

Eine gleiche oder ähnliche Bezahlung aller Lehrer könnte als Ausdruck von Wertschätzung und Gerechtigkeit verstanden werden – nicht im engen Sinn von "Leistung nach Stunden oder Schwierigkeitsgrad", sondern im umfassenden Sinn von der gesellschaftlichen Relevanz der Tätigkeit:

Trotz unterschiedlicher Belastungen und Kontexte sollten Lehrerinnen und Lehrer gleich oder ähnlich entlohnt werden, weil ihre Arbeit aus einer höheren Perspektive gleich wertvoll und notwendig ist.

# KAB

Auch in unserer heutigen Zeit in Deutschland und weltweit gibt es viele Beispiele, die zeigen, dass Menschen an ihrem Arbeitsplatz ungerecht behandelt, nicht ausreichend entlohnt oder diskriminiert werden.

Faire und gerechte Arbeit bedeutet für uns als Katholische Arbeitnehmer-Bewegung, dass verlässliche Regeln wie eine angemessene Entlohnung, die Einhaltung von Arbeitszeiten und Gesundheitsschutz eine Selbstverständlichkeit für alle Arbeitnehmenden werden. In allen Arbeitsbereichen müssen sich Arbeitnehmende auf die Einhaltung von Regeln verlassen können. Dazu gehört auch, dass die weiterhin bestehende Lohnungerechtigkeit zwischen Frauen und Männern beseitigt werden muss an. Zwar ist die Lohnlücke gesunken, aber die Ursachen für die Lohnungerechtigkeit bestehen weiterhin. Die Verpflichtung von Unternehmen gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu zahlen, ist dabei unerlässlich.

# Schluss (Stefan)

8b Der Arbeiter ist seines Lohnes wert.“, lese ich im 1Timotheusbrief. Gerechte Löhne sind nach biblischem Verständnis ein Menschenrecht. Orientieren wir uns am dem Gleichnis Jesu, dann ist ein gerechter Lohn mindestens so hoch, dass eine Familie mit Kindern gut ihren Lebensunterhalt bestreiten kann. Der Lohn muss mindestens so hoch sein, dass er für eine Familie den Grundstandard zum Leben sichert. Das bedeutet: es muss für Brot und Rosen reichen, denn ein wenig Luxus braucht jeder Mensch. Amen.

 

Fürbitten

Gott, dir ist die Welt der arbeitenden Menschen nicht fremd. Du stehst besonders denen zur Seite, die in schwierigen und ungerechten Situationen leben und arbeiten. Dir vertrauen wir die Menschen an, für die wir bitten.

• Für die Menschen, deren Arbeit nicht wertgeschätzt wird, und diejenigen, die sie nicht sehen.

• Für die arbeitenden Menschen, die unzureichend durch Tarifverträge und Mitbestimmungsmöglichkeiten geschützt sind, und diejenigen, die sich in den Gewerkschaften für sie einsetzen.

• Für die Menschen, deren Arbeitskraft unter unfairen Bedingungen ausgebeutet wird, und diejenigen, die davon profitieren.

• Für alle, die auf Almosen und Sozialfürsorge angewiesen sind, und alle, die für ihre Würde eintreten.

• Für alle, die fern ihrer Heimat ihr Brot verdienen müssen, und alle, die sie respektvoll behandeln und für ihre Rechte eintreten. • Für Menschen, die in anderen Ländern für unseren Wohlstand arbeiten müssen, und alle, die sich politisch für weltweite Gerechtigkeit und wirksame Lieferkettengesetze einsetzen.

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